Eine Bleibe für Gestrandete

(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 31.12.2018 Artikel von Susanne Schwan)

Wohnungsnotfallhilfe der Gisbu und der Stadt hat Plätze für Obdachlose aufgestockt — Bedarf wächst

Mit der Kälte wächst die Not. Immer mehr Menschen in Bremerhaven haben kein Dach über dem Kopf. Darum hat die Stadt die Plätze der Wohnungsnotfallhilfe erhöht: Statt wie bisher 20, finden nun 30 obdachlose Männer im Haus an der Schiffdorfer Chaussee und einer Wohnung in Grünhöfe eine Schlafstelle und Tagesaufenthalt. Obdachlose Frauen bekommen über das Frauenhaus Zuflucht. Doch der Platz bei der Gisbu reicht dennoch nicht aus.


„Im Winter ist die Nachfrage so groß, dass wir zusätzliche Matratzen in die Zimmer legen", sagt Christina Asmanidou. Zwei oder drei Betten stehen ohnehin darin. Die stellvertretende Leiterin der Einrichtung betont: „Wenn wir voll belegt sind, kümmert sich das Bürger- und Ordnungsamt darum, die, die wir nicht mehr aufnehmen können, in anderen Einrichtungen unterzubringen." Die Verzahnung aller sozialen und der Wohlfahrts-Institutionen in der Stadt sei sehr eng, sagt Gisbu-Chefin Gabriela von Glahn, „niemand bleibt auf der Straße".

Die jährlich 30 000 Euro für die 30 Notfallplätze werden auch aus dem Haushalt des Ordnungsamtes finanziert, erklärt Magistratssprecher Volker Heigenmooser. Wo sich die neu angemietete Wohnung in Grünhöfe befindet, verschweigen Stadt und Gisbu, die sei ein Schutzraum ähnlich dem des Frauenhauses. Öffentlich bekannt ist hingegen die einstige, nah des Hauptbahnhofs gelegene „Herberge zur Heimat", die Wohnungsnotfallhilfe für Männer ohne Wohnsitz.

Das Ausmaß versteckter Obdachlosigkeit sei, so Christina Asmanidou, gar nicht schätzbar. Viele, die ihre Wohnung aus welchem Grund auch immer verlören, „durch Krankheit, Trennung, Sucht, Arbeitslosigkeit", fänden noch Unterschlupf bei Freunden oder Familie. Wer in der Notunterkunft hinter dem Bahnhof strandet, meistens nicht. „Dieses Mal habe ich hier keinen Platz mehr bekommen, ich penne fürs Erste bei einem Kumpel", erzählt Peter Bohn freimütig an diesem Morgen im Aufenthaltsraum von seinem Schicksal. „Ich komme jetzt jeden Tag her, lese Zeitung, suche mit der Beratung hier am Haus eine Wohnung, aber es ist schwer. Hier hab ich aber meine Adresse angemeldet, falls Post vom Amt kommt." Denn um Sozialleistungen zu beziehen, muss eine Postadresse da sein. 61 ist er, fuhr einst zwölf Jahre zur See, „gelernt hab ich Koch". Dann kam der Alkohol. „Ich hab versucht, trocken zu werden, aber nicht durchgehalten." Die Beziehung in Leipzig zerbrach. „2016 kam ich zurück. Seitdem suche ich 'ne kleine Wohnung, die würde ich ja selber malern. Mit meinen 426 Euro Hartz IV komme ich klar, ich geh zur Kleiderkammer und zur Tafel. Was mich immer zurückwirft, ist die Ablehnung."

Am hinteren Tisch des Tagesaufenthalts - der auch für Nicht-Übernachtende von 8 bis 15 Uhr offen steht, Zeitungen, Getränke, Fernsehen, auch Essen gegen geringe Bezahlung bietet — kloppen fünf junge Männer Karten. „Ich übernachte in Grünhöfe, da muss man aber morgens raus, drum bin ich hier", erzählt Sven, 27, Fliesenleger. Arbeit habe er, sagt er, „aber ich musste raus der Wohnung meiner Verlobten. Jetzt suche ich mir eine eigene".

Peter Lauterkom auch. „Ich bin im Herbst zur Jobmesse aus Köln heraufgekommen", sagt der 34-Jährige, „ich hab gleich einen Platz hier bekommen, Gott sei Dank." Depressionen haben die Journalistenlaufbahn des gebürtigen Bayern durchkreuzt, „ich nehme Medikamente und hoffe, ich finde hier einen Job. Bremerhaven ist gut, glaube ich".



Die „Gesellschaft für integrative soziale Beratung und Unterstülzung ist Mitglied des Diakonischen Werks.
Sie bietet an der Schiffdorfer Chaussee 30 Notunterkünfte, Tagesaufenthalt, Waschgelegenheit, auch Straffälligen-Beratung und Hilfen für Opfer häuslicher Gewalt. Kontakt: 94 75 80.

Gisbu

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