Zu viele Keime liegen auf der Hand

(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 5.5.2012 von Susanne Schwan)

Fordbildung für Pflegedienste - Hygienefachberater: Händewaschen bringt nichts - Internationaler Tag der Händedesinfektion

BREMERHAVEN. Jeder schleppt sie unsichtbar auf der Haut mit sich herum - Kolonien von Keimen. Harmlos für Gesunde. Doch im Kontakt mit Schwachen, Kranken, Pflegebedürftigen sind sie bedrohliche Infektionserreger. Heute ist der Internatioale Tag der Händedesinfektion. Saubere Hände sind besonderes Thema für die 23 Pflegedienste in der Stadt. Sie betreuen 2700 Patienten zu Hause.

Bundesweit erkranken jährlich rund 500 000 Menschen in Kliniken und Heimen an Bakterien und Viren. Grund: mangelnde Hygiene. "Desinfizierte Hände sind das A und O", sagt Gesundheitsdezernentin Brigitte Lückert (SPD). Denn: "Pflegen ohne anzufassen geht nicht", so Hygienefachberater Frank Strupeit. Er klärte vor rund 70 Pflegenden und Betreuern im Elisabeth-Haus beim "Aktionstag saubere Hände" darüber auf, warum Händewaschen mit Seife wenig bringt - 30 Sekunden Desinfektion mindestens zehn Mal am Tag aber vor gefährlichen Infektionen schützt.

Gemeinsam mit dem Diakonischen Werk will das Gesundheitsamt Behandelnde, Pflegende und Betreuende aufrütteln: "In der täglichen Routine kommt das Hände-Desinfizieren auch bei ausgebildeten Fachkräften oft zu kurz",  weiß Amtsarzt Henner Naumann um den saloppen Umgang mit der Keimfreiheit. "Natürlich stehen alle unter Zeitdruck, die Verschlechterung des Personalschlüssels führt zu Defiziten, die sich auch hygienisch auswirken können." Die Angst vor Klebsiellen - seit dem Frühchen-Skandal in einer Bremer Klinik -, vor Ansteckung mit Darm-peinigenden Noroviren, entzündlichen Adenoviren in der Bindehaut und dem Antibiotika-resistenten Krankenhauskeim MRSA sei berechtigt, betont Strupeit. "Kontaminierte Hände sind der Hauptübertragungsweg für Infektionen."

Auch bei Erzieherinnen. "Wir wickeln in den Krippen ja", sagt Helga Kurfeld aus der Kita Ellhornstraße. "Obwohl wir uns andauernd die Hände waschen - ich will wissen, was man besser machen kann." Zum Beispiel Seifenspender statt Seife - auf denen es vor Keimkolonien wimmelt. Heimleiter Detlef Otten zückt eine Fläschchen aus der Hosentasche: "Jeder Mitarbeiter trägt die Desinfektionslotion immer bei sich, um sich auf dem Weg zum nächsten Patienten schon gründlich zu desinfizieren."

Die 30 Sekunden Hände-Einreiben, so Pflegerin Nicole Krieger, "kann man schon nutzen, mit dem Ellbogen die Tür aufzumachen und zu grüßen." Goldene Regel überhaupt: "Desinfizieren statt Waschen", betont Strupeit. "Beim Waschen bleiben von 10 0000 noch 100 übrig. Beim Desinfizieren keine."

Man sieht's: Ein Schwarzlicht-Experiment entlarvt Fehler, auch bei Diakonie-Chef Eberhard Muras: Er knetet ausgiebig "Desi" in die Finger, hält sie unters Licht und starrt verblüfft auf die nicht keimfreien Stellen. "Tückisch sind auch Eheringe und Schmuck", klärt Strupeit auf. "Darunter nisten jede Menge Bakterien." Darum gelte auch für Mitarbeiter ambulanter Pflegedienste: "Kein Schmuck an Hand und Arm."

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