(Nordsee-Zeitung vom 10.07.2012 von Frauke Engert)
Einmal in der Woche kommt Golden Retriever Amadeus in die Tagesklinik für Kinder- und Jungendpsychiatrie
Bremerhaven. Ein Hund ist in einer Klinik selten anzutreffen. In der Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie ist das anders. Einmal wöchentlich kommt der zweieinhalbjährige Golden Retriever Amadeus in die Einrichtung des Diskonischen Werkes in der Virchowstraße.
Amadeus ist ein ausgebildeter Therapiehund und wird von der Tierpsychologin Karola Haufe geführt. Dr. Frank Forstreuter, leitender Arzt der Tagesklinik, freut sich über die Unterstützung durch den vierbeinigen Therapeuten. Für zwei der insgesamt zehn Kinder und Jugendlichen im Alter von sechs bis 13 Jahren heißt es einmal in der Woche „Hundestunde mit Amadeus“.
„Diese Einzelstunden verlaufen vollkommen unterschiedlich und oft anders als geplant“, sagt Karola Haufe. Das Streicheln des Tiers ist gerade für Kinder mit Störungen im sozialen und emotionalen Bereich sehr wichtig. „Gleichzeitig wird die Feinmotorik gefördert“, erklärt die Tierpsychologin, die in Wulsdorf die Hundeschule "Hundespur" betreibt.
Seit einem Jahr wird die tiergestützte Therapie in der Tagesklinik angeboten. Mit großem Erfolg. Mit Hilfe eines Stoffwürfels können Hund und Kind zusammen „Mensch, ärgere dich nicht“ spielen. Nach einer gewonnenen Partie hat eine 12-Jähriger Mitleid mit seinem unterlegenen tierischen Spielpartner und meint: „Dann ist es eben unentschieden.“ Ein enormer Fortschritt für einen Jungen, der keine Geduld hat und nicht verlieren kann, betonen Haufe und Dr. Forstreuter. „Ein Hund ist berechenbar und wertet nicht. Er nimmt die Kinder so an wie sie sind“, erläutert Karola Haufe die Vorteile der Arbeit mit einem Vierbeiner. Sie hat den Rüden zum Therapiehund ausgebildet. Vertrauen und Geduld stehen dabei an oberster Stelle. „Das sind Dinge, die die Kinder in ihrem eigenen Leben bislang nicht erfahren haben“, erläutert Dr. Forstreuter.
Das in der Region einmalige Therapieangebot wird durch die Unterstützung der Roswitha und Jürgen Braun Stiftung ermöglicht. „Ich freue mich über den Riesenerfolg“, sagt Roswitha Braun. Das Angebot der tiergestützten Therapie ist aus einer Idee von Jürgen Braun erwachsen. „Die Stiftung ermöglicht es uns, die Facetten unserer Therapie zu erweitern“, sagt Eberhard Muras, Geschäftsführer des Diakonischen Werkes. Ein Junge, der keine Regeln akzeptieren kann und in der Schule desinteressiert ist, hat dem Golden Retriever ein Kunststück beigebracht. Stolz erzählt der Acht-Jährige, dass der Hund ihn auf einem Rollbrett durch den Raum geschoben hat. Eine reife Leistung – für das Kind und das Tier. „Der Junge hat erfahren, dass es wichtig ist, Fähigkeiten zu üben, um zum Erfolg zu kommen“, erklärt Karola Haufe. Oft reiche allein die Anwesenheit des Therapiehundes aus. „Die Kinder flüstern Amadeus ihre Ängste ins Ohr oder schreiben sie auf einen Zettel, den sie am Brustgeschirr befestigen“, so die Tierpsychologin. Hauptsache, sie werden ihre Sorgen los.