Ort für kranke Kinderseelen

(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 20.03.2013 von Susanne Schwan)

Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie erweitert und zieht ins Gemeindezentrum Bürgerpark-Süd

Geestemünde. Ein seelisch krankes Kind neun Monate auf Hilfe warten zu lassen – dazu war die Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie seit Jahren gezwungen, weil ihre zehn Plätze bei weitem nicht ausreichen. Nun stockt die Klinik von 10 auf 20 Therapieplätze auf – und bekommt das passende Haus gleich dazu: Für 1,2 Millionen Euro wird das Gemeindezentrum Bürgerpark-Süd zur Tagesklinik umgebaut.

Eine echte „Win-Win-Situation“: Seit drei Jahren sucht das Diakonische Werk – Träger der Tagesklinik – ein geeignetes Haus, um statt der bisher 10 künftig 20 Kinder und Jugendliche mit psychischen Störungen ohne monatelange Wartezeit behandeln zu können. Und seit vier Jahren sucht der Kirchenkreis Mieter für den leer stehenden, 1000 Quadratmeter großen Gebäudekomplex an der Robert-Blum-Straße.

2014, hofft Diakonie-Chef Eberhard Muras, wird die Tagesklinik komplett dort einziehen. „Wir mieten das Haus an Stelle der DRK-Räume an der Virchowstraße und wollen es im zweiten Quartal 2014 in Betrieb nehmen.“ Dazu aber muss der neue Vermieter – der Kirchenkreis Bremerhaven – den Umbau in Millionenhöhe vorfinanzieren. Das einzige, was dazu noch fehlt, sagt Superintendentin Susanne Wendorf-von Blumröder, „ist grünes Licht des Landeskirchenamtes.

Aber die Gespräche sind positiv, ein ‚Nein‘ sähe anders aus. Die Tagesklinik ist einfach sinnvoll.“ Seit Januar 2011 ist der Bedarf von 20 teilstationären Plätzen im Landeskrankenhausplan verankert, die Krankenkassen tragen die Behandlungskosten. „Es gab einen Berg von Gesprächen beim Senator für Gesundheit“, so Muras, „weil wir das wegen unseres Alleinstellungsmerkmals unabhängig von der Krankenhausreform bearbeiten wollten.“

Alternative Standorte, erklärt Frank Forstreuter – Chefarzt der Tagesklinik – seien geprüft und verworfen wurden, weil zum Beispiel weder das alte Telekom-Gebäude am Hauptbahnhof noch das Klinikumgelände in Reinkenheide den besonderen Kriterien für die Therapie seelisch kranker Kinder gerecht wurden. „Das alte Gemeindezentrum ist ideal“, sagt der Arzt, „um eine Jugendgruppe für 13- bis 18-Jährige und zwei Gruppen für Kinder ab sechs Jahren einzurichten.“

So könne endlich der lang gehegte Wunsch nach Musiktherapie realisiert werden. „Und wir können künftig vielen Jugendlichen, die bisher zur vollstationären Behandlung ans Krankenhaus Bremen-Ost musten, eine wohnortnahe Alternative anbieten.“

Dazu werde auch Personal aufgestockt: „Von zweieinhalb Stellen für Ärzte und Psychologen auf fünf“, so Forstreuter, dazu acht statt bisher vier Erzieher-Stellen. „Aktuell sind noch 15 Kinder in der Warteschleife“, sagt der Kinderpsychiater, „definitiv mit über einem halben Jahr Wartezeit. Künftig sind es sicher nicht mehr als drei Monate.“

 

Drei Fragen an Frank Forstreuter, Chefarzt der Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie:

"Viele Kinder stehen unter hohem Leidensdruck"


Laut Statistik sind rund 3400 der 19 000 Heranwachsenden in unserer Stadt psychisch auffällig - was heißt das?

Nicht jeder, der auffällig ist, ist auch behandlungsbedürftig. Aber es gibt schon sehr viele Kinder mit Ängsten, Zwangserkrankungen, Kinder, die unter hohem Leidensdruck stehen.

Wann ist eine Therapie nötig?

Wenn die Kinder und Jugendlichen mit ihrem Leben nicht mehr zurecht kommen, wenn da was schief läuft, gegen die Wand fährt.

Welche Alarmsignale können Eltern oder auch Lehrer erkennen?

Anzeichen können Sprachlosigkeit und Rückzug sein, Depressionen, Traurigkeit, Ängste, extremes Essverhalten, Computersucht. Dann ist der Kinderarzt der erste Ansprechpartner für Eltern und Sorgeberechtigte.

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