Neuanfang als Belohnung empfunden

Jubiläumsbild von Gabriela RöhrsIm Juni 1985 trat die gelernte Krankenpflegehelferin, Gabriela Röhrs, in der damaligen Diakonie-Sozialstation Süd in Geestemünde ihre Arbeitsstelle an. Für die Diakonie-Sozialstation war sie die folgenden 28,5 Jahre im Einsatz. Vor 1,5 Jahren traf sie die Entscheidung, sich in das Elisabeth-Haus (stationäre Pflege) versetzen zu lassen. Dort arbeitet sie seitdem als Pförtnerin - eine Entscheidung, die sie jeden Tag glücklich macht.

Gerade mal 15 Jahre alt war Gabriela Röhrs als sie ihr erstes Praktikum als Stationshelferin im ehemaligen St. Joseph-Hospital absolvierte. „Ich durfte das Essen verteilen, Röntgenbilder holen und die Schwestern unterstützen“, erinnert sich Frau Röhrs an ihr Praktikum. Lachend erzählt sie: “Ich fühlte mich wichtig.“

Zwei Jahre später begann sie die Ausbildung zur Krankenpflegehelferin. Dafür zog sie in das Schwesternhaus im Bürgerpark. „Von meinem ersten Gehalt habe ich mir ein Tonbandgerät mit Lautsprechern gekauft“, erzählt sie, „Ich war so stolz darauf, mir selber etwas kaufen zu können.“ Auch für ihren Führerschein hat sie von den 400 DM Ausbildungsgehalt immer Geld zur Seite gelegt. „Mein erstes Auto habe ich auch selber bezahlt. Es war ein DAF Variomatik. Er hatte einen Vorwärts- und einen Rückwärtsgang. Er war wirklich nicht der schnellste,“ erzählt sie und lacht bei der Erinnerung an die Fahrten über die Landstraßen.

Zur Diakonie-Sozialstation kam sie 1985, nachdem sie sechs Jahre zu Hause war, um sich um ihre Tochter zu kümmern. Mit der Einschulung ihrer Tochter beschloss sie, wieder arbeiten zu gehen und sie hörte, dass in der ambulante Pflege Familie und Beruf gut miteinander zu vereinbaren sei.

In 28,5 Jahren hat sie viele pflegebedürftige Menschen kennengelernt und gepflegt. Einige hat sie über viele Jahre bis zum Ende begleitet. Sie erinnert sich an eine Patientin, die wöchentlich das Theater besuchte. „Ich war dann vorher bei ihr und habe ihr geholfen sich schick zu machen für den Theaterbesuch.“ Als es der Frau immer schlechter ging übernahm Frau Röhrs auch die Nachtwache. Sie blieb bis zum Ende bei ihr. Einige Zeit nach dem Tod dieser Patientin rief der Mann der Verstorbenen an. Er hatte einen Schlaganfall erlitten und benötigte auch ambulante Pflege. Auch ihn pflegte sie. „Wenn man über Jahre in einer Familie einen Angehörigen pflegt wird man ein Teil dieser Familie, sagt Frau Röhrs und erzählt weiter: „Die Kinder dieser Patienten haben mich zum Essen eingeladen als Dankeschön dafür, dass ich mich um ihre Eltern gekümmert habe.“

Eine andere Patientin, die sie über zehn Jahre pflegte, ist ihr auch noch gut in Erinnerung. Sie war schwer an Parkinson erkrankt. „Wir hatten eine enge Bindung nach all den Jahren, und das Gefühl ihrer Krankheit und ihrem Leiden nichts entgegensetzen zu können, sorgte dafür, dass ich mich ganz hilflos fühlte“ sagt sie. „Nach ihrem Tod wollte ich meinen Beruf aufgeben. Aber ich wusste auch, dass es noch viele andere Menschen gab, die meine Unterstützung brauchten. Darum blieb ich.“

Aber in 28,5 Jahren im Einsatz als Pflegehelferin hat sie nie das Gefühl gehabt die Verantwortung abgeben zu können. Dieses Wissen hat sie sehr belastet.  „Wenn ich nach der Pflege die Wohnungen meiner Patienten verlasse, lasse ich sie dort alleine zurück.“ Vor rund zwei Jahren bekam sie das Angebot in das Elisabeth-Haus (stationäre Pflege) als Pförtnerin zu wechseln. „Darüber musste ich gar nicht lange nachdenken“, sagt sie.

Nun nimmt sie Gespräche entgegen, verteilt die Post im Haus, macht Fotos , aktualisiert die Aushänge und gelegentlich trifft sie auch alte Kunden von ihr, die jetzt in der stationären Pflege leben. „Ich empfinde den Berufswechsel als Belohnung für 28,5 Jahre ambulante Pflege. Wenn ich jetzt nach Hause gehe, habe ich ein gutes Gefühl,“ und lächelnd sagt sie „Und am Wochenende muss ich auch nicht mehr arbeiten.“

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